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08.09.2022
Die Geschichte des Trikots -
Funktion und Ökologie im Einklang?

Anhand der Geschichte des Trikots lässt sich die Entwicklung der Textilbranche im 21. Jahrhundert sehr gut nacherzählen. Im Profisport gibt es heute ausschließlich Trikots aus Polyester und anderen Synthetikfasern. Seit vielen Jahren versuchen sich Stoffhersteller aus aller Welt zu überbieten, um die Funktion der "Jerseys (engl. Trikot) zu optimieren. Das man sich damit in einer ökologischen Sackgasse befindet, ist vielen nicht bewusst. Positive Beispiele in Sachen nachhaltiger Sportkleidung gibt es wenige im Profisport.
Sportbekleidung aus Naturfasern - war da was?
Die ersten Trikots gab es bereits im 19. Jahrhundert, als die Menschen begannen zu turnen oder den ersten Mannschaftssport auszuüben. Beim Sport ging es zu dieser Zeit um Ansehen, Status und darum, die Etikette zu wahren. Die körperliche Anstrengung war zweitrangig und so stand auch die Funktionalität von Sportbekleidung nicht im Vordergrund. Die Sportmode gleichte der Alltagsmode, wichtig war wenig Haut zu zeigen und ein angenehmes Tragegefühl beim Sport.
Eine erste wesentliche (und heute selbstverständliche) Entwicklung bei Sporttrikots war die einheitliche Farbgebung. Bis dato konnten sich Mitspieler und Gegner beim Mannschaftssport kaum unterscheiden. Die ersten Trikots oder Sportshirts wurden aus Leinen hergestellt und erst Mitte des 20. Jahrhunderts von Baumwolltrikots abgelöst. Schon in der neu gegründeten Fußball-Bundesliga 1963 wurde ausschließlich Baumwolle als Trikot Stoff verwendet.
Mit ersten Trikotsponsoren wie beispielsweise Adidas beim FC Bayern, begann auch die Dominanz der Synthetikfasern im Sport. Insbesondere Polyester wurde ab Anfang der 1970er Jahre überwiegend eingesetzt. Im Gegensatz zu den Baumwoll-Jersey saugten sie sich weniger mit Schweiß voll, waren pflegeleichter und auch günstiger in der Herstellung. Trotz des Ölpreisschocks Anfang der 70er Jahre war die Gewinnung von Erdöl, zur Herstellung der Synthetikfasern schon damals, günstiger als die konventionelle Baumwolle.
Baumwolle und Naturfasern allgemein wurden in diesem Zeitraum mehr und mehr aus dem Sport und der Alltagsmode zurückgedrängt. Die Elastizität und Langlebigkeit dieser "neuen" Synthetikfasern überzeugten vor allem Sportbekleidungshersteller. Doch gerade in den 70er / 80er / 90er Jahre ließen die Jersey ein angenehmes Tragen häufig vermissen. Die Shirts kratzten sehr stark und schränkten den Tragekomfort beim Sport stark sein.
Mit der Entdeckung der Synthetikfasern für den Sport und dem späteren Aufkommen der Fast-Fashion (Anfang 2000) wuchs der Anteil synthetischer Materialien an der weltweiten Faserproduktion rasant. (siehe Grafik)

Während 1970 noch knapp 70 Prozent der Fasern auf dem Weltmarkt Naturfasern wie Baumwolle waren, waren es 2020 nicht einmal mehr 30 Prozent. Mittlerweile sind die am häufigsten verwendeten Fasern synthetisch. Aktuell liegen wir bei 62 Prozent Synthetikfaser-Anteil an der weltweiten Faserproduktion. Polyester dominiert hier mit 52 Prozent Marktanteil. Cellulose basierte Fasern wie Lyocell (0.26%) oder Modal (0.17%) machen weltweit nur einen sehr kleinen Teil aus.
Und so zeigt sich auch im Profisport über die Jahre, dass Synthetik und hier insbesondere Polyester die Sports- und Teamwear weiterhin dominiert. Stoffhersteller überbieten sich dabei die Synthetik-Materialien noch funktionaler zu gestalten um sich im Wettbewerb um die Gunst der großen Sportmarken erfolgreich zu positionieren.
Entwicklungen, die Funktionalität und Ökologische Aspekte in den Blickpunkt rücken gibt es bisher kaum. Zumindest zeigen sich diese kaum im Profisport. In der Fußball-Bundesliga spielen 18 von 18 Clubs in 100% Polyester Trikots. Zumindest 12 von 18 Clubs geben an, dass ihre Trikots (zumindest teilweise) aus recyceltem Polyester bestehen.
Hier gehört man zu den 15% (2020) Anteil von recyceltem Polyester am weltweiten Faseraufkommen. Das Polyester wird zwar nicht Garment-to-Garment aus Textilien hergestellt, sondern aus PET-Flaschen. Wodurch zumindest der Anteil bspw. von Plastik-Müll verringert wird.
Dennoch bleibt auch recyceltes Polyester problematisch. Das Thema Mikroplastik besteht weiterhin und die Energiebilanz dieser Recycling Prozesse ist mindestens ausbaufähig.
Doch was sind die Alternativen, befindet sich die Sportbekleidungsindustrie hier auf dem Holzweg? Scheinbar ja, sonst würde man sich viel breiter informieren und über die Möglichkeiten von Cellulose-basierten Fasern, bio-basierten Synthetikmaterialien oder Wolle mehr Gedanken machen. Das können Vereine nicht eigenständig lösen. Häufig fehlt es an zeitlichen und personellen Ressourcen. Doch man kann als Industriezweig mit gemeinsamer Stimme gegenüber Ausrüstern bestimmte Anforderungen in Sachen nachhaltiger Sportbekleidung formulieren.
Als leuchtendes Beispiel der Fußball-Szene werden gerne die Green Forest Rovers aus Großbritanien genannt. Vor einigen Jahren von den Vereinten Nationen als erster klimaneutraler Fußball Club der Welt ausgezeichnet, sind die Rovers auch in Sachen nachhaltiger Sporttrikots Vorreiter. Um die Abhängigkeit von Synthetik und Plastikfasern zu reduzieren, setzen sie in ihren Trikots auf Kaffeereste (35%) und recyceltes Polyester (65%).

Die Stückzahlen, die durch jährliche Neuauflagen der Trikots, insbesondere von großen Vereinen, in Umlauf gebracht werden, sind enorm. Alleine der FC Bayern verkauft weltweit 3.25 Millionen Trikots. (aus 100% Polyester) Und hier muss wirklich die Sinnfrage gestellt werden. Wieviele der 3.25 Millionen "Hochfunktions" - Trikots werden denn tatsächlich zum Sport machen benötigt? Und wieviele werden einzig für den Stadionbesuch genutzt? Gibt es hier keine Alternativen für die "Fanshirts" z.B. in der Materialauswahl?
Natürlich geht es beim Sport um Emotionen und Identifikation. Natürlich trägt man gerne 1:1 das Trikot seines Lieblingsspielers um ein möglichst authentisches Fanerlebnis zu erhalten. Aber zu welchem ökologischen Preis?
Der Sport hat auch eine gesellschaftliche Aufgabe und das sollte, neben dem Zusammenbringen von Menschen und dem Fördern des sozialen Miteinanders, auch stärker eine Ökologische sein.
Die Klimakrise verschärft sich und alle gesellschaftlichen Bereiche sollten zusammenstehen, bestehendes hinterfragen und gemeinsam Lösungen entwickeln.
Gerade der Profisport mit seiner Strahlkraft kann hier positive Akzente setzen und es als Chance verstehen mehr Ökologie in der Sportbekleidung zu wagen.